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So manch kuriose Erfindung haben uns die Digedags vorgeführt oder selbst ausgebrütet. Heft 33, Geheimsache Digedanium, führt uns in ein neonisches Patentamt, in welchem allerlei skurrile Typen mit ihren Erfindungen warten. Dieser Beitrag berichtet über die Geschichte des Patentrechts und allerlei Wissenswertes rund um das Patentamt.
Zitate aus: Auszüge aus verschiedenen Quellen des WWW [*]


Das Patentamt

Bayern, Württemberg, Hessen, Hansestädte
[*]

Baden besaß bis 1842 (Zollvereinsübereinkunft) keine eigene Patentgesetzgebung. Gesuche wurden von Fall zu Fall entschieden, wobei Neuheit, Nützlichkeit und Erheblichkeit als Vorprüfungsprinzipien eine Rolle spielten. [1]

Bayern, 1819 erscheint im Kunst- und Gewerbeblatt des polytechnischen Vereins eine Abhandlung, der wir entnehmen: "Bei dem Mangel eines Erfindungsschutzes werden die im Volke liegenden Kräfte nicht nur nicht gehörig geweckt, sondern auch manche Erfindungen, die gemacht werden, wandern ins Ausland." Der königlich bayerische Regierungs-Rat Dr. Wirschinger fordert 1820 in allen deutschen Bundesstaaten gleichzeitig ein einheitliches System zur Erteilung von Erfindungspatenten einzuführen. [1a]
Im Gewerbegesetz vom 11. September 1825 ist ein Abschnitt den Gewerbs- und Erfindungsprivilegien gewidmet. An seine Stelle tritt 1842 eine Verordnung von König Ludwig I., die Neuheit, Eigentümlichkeit und Gemeinnützigkeit als Vorraussetzung für die Patenterteilung fordert. Damme nennt dieses Gesetz die bedeutendste Entwicklung des Patentwesens innerhalb des Deutschen Reichs. [2] Wie im französischen Patentgesetz ist eine Vorprüfung nicht vorgeschrieben, im Streitfall hatten die Gerichte zu entscheiden. Die Patentdauer betrug 15 Jahre. An Gebühren waren bis zum fünften Jahr jährlich 5 Gulden zu bezahlen, 10 Gulden jährlich bis zum zehnten Jahr und 20, 30, 40, 50, 60 Gulden für die letzten fünf Jahre. Die königliche Verordnung Maximilians II. vom 28. April 1862, die weitesten Ansprüchen gerecht wurde, ist der Abschluß der bayerischen Patentgesetzgebung.
Im von Frankreich annektierten Rheinland wurde das französische Patentgesetz von 1791 am 03.03.1799 eingeführt. Das bayerische Gewerbegesetz von 1825 ließ diese Vorschriften im linksrheinischen Rheinbayern - der heutigen Pfalz - zunächst unberührt. [3]

Das Königreich Hannover regelte das Patenterteilungsverfahren in den § 269-287 der Gewerbeordnung vom 01.08.1847. Hannover trat erst 1853 dem Zollverein bei und übernahm damit auch die bereits 1842 beschlossene Zollvereinsübereinkunft.
Die beiden folgenden Autoren nennen zwar die §§ 269-291: Loosey, Collection of the Laws of Patent Privileges of all the countries of Europe ..., 1849, und Stolle, Die einheimische und ausländische Patentgesetzgebung zum Schutze gewerblicher Erfindungen, Leipzig, 1855. Allerdings handelt es sich bei den §§ 288-291 lediglich um Schluss-Bestimmungen der Gewerbeordnung, die mit Patentrecht nichts zu tun haben.
Zu Hannover siehe auch den Artikel von Matthias Gehm, Die patentrechtlichen Bestimmungen in der hannoverschen Gewerbeordnung vom 1. August 1847, Mitteilungen der deutschen Patentanwälte, 2004, Heft 4, Seite 157-171.
Das Großherzogtum Hessen nahm in der Verfassungsurkunde von 1820 die Vorschrift auf, dass die Regierung Patente für Erfindungen auf bestimmte Zeit erteilen könne.
Dasselbe bestimmt die Verfassung des Kurfürstentums Hessen von 1831, begrenzte aber die Schutzdauer auf zehn Jahre. Der kurhessische Gesandte erklärte auf der Dresdener Generalkonferenz des Zollvereins 1838, daß "man in Kurhessen im Allgemeinen von dem Grundsatz ausgehe, die Ertheilung von Patenten soviel als möglich zu beschränken". [1]
Hannover und Hessen lehnten sich an das preußische Vorprüfungssystem an.

Sachsen, Gesetzgebung von 1853. Erfindungsprivilegien wurden hier aber schon seit dem 16.Jahrh. erteilt. (Siehe auch den Artikel von Matthias Gehm, Das Sächsische Patentwesen im 19. Jahrhundert - Eine Betrachtung anlässlich des 150. Jahrestages des In-Kraft-Tretens des Sächsischen Patentgesetzes, Mitteilungen der deutschen Patentanwälte, 2003, Heft 10, Seite 450-465;
Sehr ausführlich werden die Patente von 1825 bis 1877 dargestellt in dem Aufsatz von Dr. E. Hartig, "Zur Statistik der Erfindungsprivilegien im Königreiche Sachsen", Der Civilingenieur, Leipzig, 1878, Spalten (nicht Seiten) 51-66, 365-396, 563-576.)

In Württemberg sieht der Verfassungsentwurf von 1817 die Gewährung von Erfinderprivilegien vor. In der der Verfassungsurkunde vom 25. September 1819 heißt es: "Dem Ermessen der Regierung bleibt überlassen, nützliche Erfindungen durch Patente zu deren ausschließlicher Benützung bis auf die Dauer von zehn Jahren zu belohnen." [4]
Ein Patentgesetz wurde in die Gewerbeordnung von 1828 aufgenommen. (Nur Silberstein [5] nennt das Jahr 1826.)
Krasser [6] schreibt, die Bestimmungen in den Gewerbeordnungen von 1828 und 1836 verlangten keine Vorprüfung. Zumindest das von Kurz [4] beschriebene Patent von 1868 wurde geprüft. Eine Patentkommision nahm eine Prüfung vor, an der mindestens zwei Techniker und einige Administrativbeamte teilnehmen mussten.

Bremen, Hamburg und Lübeck gewährten wie Mecklenburg überhaupt keinen Patentschutz. Zu Bremen und Hamburg siehe auch die Argumente der Antipatentbewegung.
(Im Rath- und Bürger-Convent Hamburgs vom 13. August 1641 teilt der Rath seine Absicht mit, ein Privilegium für eine Einrichtung zu genehmigen, durch welche Färbern und Brauern eine Feuereinsparung ermöglicht würde. Quelle: Heizung Lüftung Klima Haustechnik, 1993, Nr. 3, Seite 214, 215 - der Autor Prof. K.W. Usemann ist allerdings der Ansicht, dass es sich hier um ein Handels-, und nicht um Erfindungsprivileg handelt.)


  • Bluhm, Die Entstehung des ersten gesamtdeutschen Patentgesetzes, GRUR, 1952, Nr. 8/9, Seite 341-346
  • Matthias Gehm, Das Sächsische Patentwesen im 19. Jahrhundert - Eine Betrachtung anlässlich des 150. Jahrestages des In-Kraft-Tretens des Sächsischen Patentgesetzes, Mitteilungen der deutschen Patentanwälte, 2003, Heft 10, Seite 450-465
  • Matthias Gehm, Die patentrechtlichen Bestimmungen in der hannoverschen Gewerbeordnung vom 1. August 1847, Mitteilungen der deutschen Patentanwälte, 2004, Heft 4, Seite 157-171)

Landespatente
Einige Beispiele für deutsche Landespatente im 19. Jahrhundert und die Landespatente der Gasmotorenfabrik Deutz

Königlich bayerische Privilegien:

"Die Fabricanten, Gebrüder Joseph und Xaver Tlapa in München, erhielten den 21. April d. J. ein allerhöchstes auf zehn Jahre ausschließendes Privilegium zur Fabrication einer von ihnen neu erfundenen schwarzen Farbe nach ihrem eigenthümlichen Verfahren."

"Der bürgerliche Bortenwirker und Bandfabricant Franz Xaver Schmitt zu Straubing, erhielt an selbigem Tage ein auf zehn Jahre ausschließendes allerhöchstes Privilegium auf die von ihm erfundene Flachs-Zwirn-Maschine, mit dem Anhange, daß ausser ihm und ohne seine Einwilligung Niemand gestattet seyn soll, eine Zwirn-Maschine von derselben Construction zu verfertigen oder zu gebrauchen; unbeschadet jedoch der Rechte Dritter und ohne die Freyheit in Verfertigung und Anwendung anderer von obiger, in der Ausführung abweichender Maschinen, oder in neuen Erfindungen oder wesentlichen Verbesserungen zu dem nämlichen Zwecke zu beschränken." [Beide aus:]

"Am 3. Sept. dem Isaak Heynemann zu München, auf Verfertigung von Stiefeln und Schuhen mit eigenthümlich bereitetem sogenannten Gesundheitsfutter; auf 6 Jahre"

"Am 11. Oct. dem Töpfermeister Georg Bauer aus Dorfen auf sein eigenthümliches Verfahren in Verfertigung dauerhafter, feuerfester Kochgeschirre und Oefen durch besondere Zubereitung der Töpfererde und Zusetzung des Kieses; auf 10 Jahre"

"Am 30. Oct. dem Bauerssohn Michael Bachhuber aus Ecklham auf Verfertigung und Anwendung eines neuen hölzernen Apparates zur Branntwein- und Spiritus-Fabrikation mit Dampf; auf 6 Jahre"
[Alle drei aus:]

Preußische Patente:

"Am 14. Jan dem Mechanikus Lewert zu Berlin, auf 8 Jahre, für eine Maschine zum Pressen von Kugeln aus Blei"

"Am 27. Febr. ist das den Instrumentenmachern Gebr. Wiszniewski zu Danzig am 14. Nov. 1833 auf 5 Jahre für die Provinz Preussen ertheilte Patent, auf eine neue Vorrichtung zum Bewegen und Fangen der Hämmer für Fortepianos, auf den Umfang der ganzen Monarchie erweitert worden"

"Am 30. März dem Dr. Kufahl zu Berlin, auf 8 Jahre, auf eine neue und eigenthümliche Vorrichtung zu Erzeugung und Benutzung überhitzter Wasserdämpfe zum Betrieb von Dampfmaschinen"

"Am 4. Mai dem Papierfabrikanten Oechelhäuser zu Siegen, auf 10 Jahre, auf eine neue Maschine zu Fertigung einzelner Bogen Papier oder Pappe"

"Am 7. Mai dem Philipp Heinrich Pastor zu Burtscheid, auf 15 Jahre, auf eine neue Fabrikationsmethode von Nähnadeln mittels Maschinen"
[Alle fünf aus:]

Eine Kruppsche Riesenkanone (auf der Pariser Weltausstellung von 1867)
Eine Kruppsche Riesenkanone
(auf der Pariser Weltausstellung von 1867)
Und noch ein königl. sächisches Patent eines bekannteren Erfinders:

Alfred Krupp
, in Firma: Friedrich Krupp in Essen: "System von Verschlüssen für Hinterladungsgeschütze. 8. April auf 5 Jahre." [Aus:]

Wenn wir schon bei Krupp sind, hier noch einige andere Berühmtheiten, die preußische Patente erhielten: [1]

August Borsig, (Lokomotivenkönig):
14.01.1841, selbsttätige Speisevorrichtung für Dampfkessel
19.10.1843, Expansions-Steuerung für Lokomotiven

Werner Siemens,
29.03.1842, Verfahren, Gold behufs der Vergoldung auf nassem Wege aufzulösen
07.10.1847, Elektromagnetischer Telegraph

Friedrich Krupp,
27.09.1849, Verbindung eines Geschützrohres aus Gußstahl mit einer metallenen Enveloppe
21.03.1853, Verfahren, um Radbeschläge aus Gußstahl ohne Schweißung herzustellen

Eugen Langen und Nicolaus August Otto,
21.04.1866, Atmosphärische Gaskraftmaschine
(Eine erste Anmeldung 1861 wurde noch abgelehnt.)
Nicolaus August Otto (1832-1891)
Nicolaus August Otto (1832-1891)

Hier noch Näheres zu den Patenten von Otto:

Da es noch kein einheitliches Patentgesetz für ganz Deutschland gab, wurde eine Erfindung manchmal in mehreren deutschen Staaten angemeldet. Beispielsweise wurden Landespatente der Gasmotoren-Fabrik Deutz [2] angemeldet in:
Elsaß-Lothringen am 05. Juni 1876 und auch in:

Bayern 19. Januar 1876 Hydraulisches Sperrwerk für atmosphärische Gasmotoren auf 2 Jahre
Preußen 20. Juni 1876 Hydraulisches Gesperre auf 3 Jahre
Preußen 27. August 1876 Doppelt wirkende Gas- und Petroleumkraftmaschine auf 3 Jahre
Sachsen-Weimar 08. Sept. 1876 Verbesserter Gasmotor auf 5 Jahre
Lippe-Detmold 11. Sept. 1876 Verbesserter Gasmotor auf 5 Jahre
Reuß, jüngere Linie 12. Sept. 1876 Verbesserter Gasmotor auf 5 Jahre
Herzogt. Sachsen-Altenburg 12. Sept. 1876 Verbesserter Gasmotor auf 5 Jahre
Schaumburg-Lippe 12. Sept. 1876 Verbesserter Gasmotor auf 5 Jahre
Großherzogt. Oldenburg 14. Sept. 1876 Verbesserter Gasmotor auf 5 Jahre
Preußen 14. Sept. 1876 Gasmotor auf 3 Jahre
Schwarzburg-Sondershausen 14. Sept. 1876 Verbesserter Gasmotor auf 5 Jahre
Würtemberg 01. Novemb. 1876 Eigenthümliche Gasmotoren auf 5 Jahre
Braunschweig 22. Novemb. 1876 Verbesserter Gasmotor auf 5 Jahre

Die Gasmotoren-Fabrik Deutz in Köln wurde 1872 als Aktiengesellschaft gegründet. Sie ging aus der von Nicolaus Otto und Eugen Langen gegründeten "N.A. Otto & Cie" hervor. Ebenfalls 1872 wird Gottlieb Daimler als technischer Direktor und Wilhelm Maybach als Leiter des Zeichenbüros eingestellt. Nicolaus Otto vollendete 1876 den "Viertaktmotor" mit verdichteter Ladung. Dieser mit Leuchtgas betriebene und entwicklungsfähige Motor begründete von Köln aus die Motorisierung der Welt. Das Leistungsspektrum der DEUTZ Motoren reicht heute von 4 bis 4.000 kW.

Was geschah mit den Landespatenten nach Inkrafttreten des Reichspatentgesetzes am 01. Juli 1877 ?
Die Landespatente blieben gültig, die Patentdauer konnte aber von den einzelnen Staaten nicht mehr verlängert werden. Wer wollte, konnte sein Landespatent auf das gesamte Reichsgebiet ausdehnen. Dazu enthielt das Gesetz von 1877 Übergangsbestimmungen im fünften Abschnitt §§ 41-43.

Das Patent Nr. 532 dürfte das bekannteste sein, welches vorher ein Landespatent war. Es ist das "Ottomotor"-Patent der Gasmotorenfabrik Deutz. [4] Das "Gasmotor"-Patent wurde ja, wie oben erwähnt, zuerst am 05. Juni 1876 in Elsaß-Lotringen (gehörte damals zum D. Reich) angemeldet. Da die max. Patentdauer nach dem neuen Gesetz 15 Jahre betrug, wurde die Zeit als Landespatent angerechnet. Darum steht auf der Patenturkunde: Längste Dauer des Patents: 05. Juni 1891.

Insgesamt sind in den nächsten Jahren 882 Landespatente in Reichspatente umgewandelt worden. Von den im Jahre 1877 eingegangenen 3212 Patentgesuchen bezogen sich 640 auf die Umwandlung bereits bestehender Landespatente. [5]
Weitere Internet-Links zum Thema: siehe hier!