Auszüge aus veröffentlichter Sekundärliteratur zum Mosaik von Hannes Hegen . Diese Zitate sollen die Diskussion der Heftbesprechungen im Digedags-Forum unterstützen. Der Text wurde Printmedien entnommen, Flüchtigkeits- und Übertragungsfehler bitte ich unkommentiert zu entschuldigen. Hier geht es zur Hauptseite: www.mosafilm.de
Zitat aus: Thomas Kramer, Micky, Marx und Manitu, S. 212-214, Weidler Buchverlag Berlin, 2002


Bildungspolitik und Wirtschaftspropaganda - Comic im Gleichschritt der Kinder- und Jugendzeitschriften
Anforderungen an die Propaganda in der Kinder- und Jugendliteratur nach dem V. Parteitag 1958

In den Heften der Neos-Serie spiegeln sich Gattungsprodukte der fünfziger und sechziger Jahre, die, „zwischen literarisch gestalteten technischen Sachbüchern und belletristischen Büchern für Kinder und Jugendliche (angelegt, T. Kramer) [...] ein(en) breite(n) Grenzstreifen" [587] besiedelten, wider. In diesem hinsichtlich einer Gattungsspezifik unübersichtlichen, wiewohl für die Produktionslenkung gut einsehbaren, Gelände fanden Hegen und Dräger Gelegenheit, eine für DDR-Verhältnisse exotische Pflanze als Kreuzung zeitgenössischer Propaganda und herkömmlicher SF anzusiedeln. Didaktische Aufgabenstellungen der Kinder- und Jugendpresse und -literatur nahmen besonders nach dem V. Parteitag der SED vom 10.- 16. Juli 1958, der die „Einführung des polytechnischen Unterrichts zur Hauptaufgabe bei der Weiterentwicklung des Schulwesens erklärt" [588] hatte, konkretere Züge an.

„Die jungen Menschen sollten nicht nur umfangreiche theoretische Kenntnisse von Natur und Gesellschaft erlangen, sondern auch in der Produktion polytechnisch ausgebildet werden."[589] Die Einbeziehung Jugendlicher in direkte Herstellungsprozesse sollte nicht mehr auf Lehrlinge beschränkt sein. Bereits im Rahmen des sogenannten >neuen Kurses< in Folge der 15. Tagung des ZK der SED vom 24.-26. Juli 1953 suchte man mit der Förderung von „Klubs junger Techniker" nach Wegen, Schüler für wirtschaftliche Zielstellungen zu begeistern. Ein Comic, der nüchterne Produktionsvorgänge in Metallbetrieben und Chemiefabriken in die Story spannender Agentenjagden mit futuristischen Allzweckmobilen durch Megastädte, Meerestiefen und Dschungel einzubetten vermochte, erfüllte zwei Funktionen: Er klärte über neue Technologien etc. auf und versüßte gleichzeitig die gerade an die DDR-Schuljugend Ende der fünfziger Jahre verabreichte bittere Pille noch stärkerer Reglementierung. Mit Schuljahresbeginn '1958 wurden nämlich der „Unterrichtstag in der sozialistischen Produktion" (UTP) für die Klassen 7-12 und das Fach „Einführung in die sozialistische Produktion"(ESP) für die Klassen 9-12 etabliert. Eine Welle der Propaganda in den Medien hatte die unpopulären Maßnahmen zu unterstützen. In „Jugend und Technik" begründete Heinz Knoblich, Mitautor des Werkes „Menschen. Maschinen. Energien", die Notwendigkeit der neuen Unterrichtsfächer: „Das Betriebspraktikum ist aber nicht nur eine Maßnahme, die Schüler an der produktiven Arbeit zu beteiligen, sondern es gilt vor allem, die Ausbildung sozialistischer Denk- und Verhaltensweisen bei den Schülern in bedeutsamem Maße zu fördern, sie zu einer sozialistischen Moral zu erziehen. Bei der produktiven Arbeit, die sie gemeinsam mit den Arbeitern und Genossenschaftsbauern durchführen, sollen sie sich solche wertvollen Charaktereigenschaften erwerben wie Bereitschaft und Wertschätzung der körperliche Arbeit, Achtung des Volkseigentums, Initiative und Begeisterung für die Sache des Sozialismus, Disziplin und Treue zum Arbeiter- und Bauern-Staat [...] Es liegt klar auf der Hand, daß das Betriebspraktikum eine neue Phase der Vorbereitung der Jugend auf das praktische Leben, auf ihre Beteiligung am gesamten gesellschaftlichen Leben durch die Schule einleitet."[590]

Auf seiner 4. Tagung vom 15.-17. Januar beschloß das ZK der SED Thesen über die sozialistische Entwicklung des Schulwesens in der DDR, deren zentraler Punkt die Einführung des zehnklassigen Unterrichts an allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen darstellte.[591] April 1959 nahmen auch die Digedags quasi am polytechnischen Unterricht teil und vermittelten polytechnische Kenntnisse. Rappbodetalsperre oder Eisenhüttenkombinat, Braunkohlentagebau oder Textilbetrieb - kein Wirtschaftsschwerpunkt ohne ihr tätiges Eingreifen.

[587] Hans-Joachim Valentin, Untersuchungen zum Wesen und zur Funktion literarisch gestalteter technischer Sachbücher - Ein Beitrag zur Entwicklung einer Theorie der sozialistischen Kinder- und Jugendliteratur". [Masch.-schr.] Diss. Berlin (0.), 1967. „Mosaik" findet in der Arbeit keine Erwähnung, wohl aber wichtige belletristische Vorlagen wie „Gigantum" (vgl. Valentin, S. 200).

[588] Rolf Badstübner (Leiter Autorenkollektiv), Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik. Berlin (0.) 1987, S. 217

[589] Badstübner, S. 217

[590] Heinz Knoblich. Warum wird in unseren Mittel- und Oberschulen das Betriebspraktikum eingeführt? Jugend und Technik. 8(1958)4, S 193f.. Die langfristig wirksam werdenden Vorteile polytechnischer Unterrichtung hatten breitestmöglich propagiert zu werden. So demonstrierte nach Ansicht eines Verlagsgutachters z.B. der im November 1959 erscheinende SF-Roman „Gigantum" von Eberhard Del'Antonio anschaulich, daß der „Durchschnittsmensch von morgen [...] aufgrund einer polytechnischen Ausbildung auf mehreren Gebieten leistungsfähig" (BArch DR 1 3941 Das Neue Berlin. Verlagsgutachten) ist.

[591] „Die Notwendigkeit des neuen Schultyps wurde [...] aus den Erfordernissen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts abgeleitet und mit den Industriezweigprogrammen sowie mit der sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft begründet "(Badstübner, S. 217)