Auszüge aus veröffentlichter Sekundärliteratur zum Mosaik von Hannes Hegen . Diese Zitate sollen die Diskussion der Heftbesprechungen im Digedags-Forum unterstützen. Der Text wurde Printmedien entnommen, Flüchtigkeits- und Übertragungsfehler bitte ich unkommentiert zu entschuldigen. Hier geht es zur Hauptseite: www.mosafilm.de
Zitat aus Thomas Kramer: Akim, Tim und Digedag - Motive deutscher und belgischer Comics im Mosaik / Sonderheft zur Mosaik-Ausstellung in Eisenberg (Mosaikclub Alex) im August 2000 im Stadtmuseum Eisenberg. 


Akim, Tim und Digedag
Motive deutscher und belgischer Comics im Mosaik

"West-Comics" der fünfziger Jahre als Quellengrundlage der "sozialistischen Bilderzeitschrift" "Mosaik"

Der Name „Mosaik" war und ist Garant für die jahrzehntelange kongeniale Verarbeitung von Quellen aller kulturellen Bereiche durch ein Künstlerteam. Beschäftigen sich eine Reihe bereits vorliegender Publikationen zur Verarbeitung v.a. literarischer Quellen durch den Texter und langjährigen künstlerischen Leiter des Comics Lothar Dräger - z.B. dessen Adaption von Motiven Karl Mays, Joseph Victor von Scheffels oder Wilhelm Hauffs - so widmen sich folgende Ausführungen vor allem ausgewählten Quellen aus der graphischen Literatur, also Comics.
Die Beispiele verdeutlichen das über Jahrzehnte hinweg gleichbleibende Interesse an bestimmten Motiven der Fünfziger-Jahre Comics. Von Comics und Zeichentrickfilmen genutzte allgemeine Topoi der Abenteuerliteratur wie Schatzsuche und Piratenkampf dominieren die ersten Hefte. Schon bald war die Variationsbreite o.g. Motive, wie von Hegen auch richtig erkannt, fast erschöpft, so dass dem Gründer des „Mosaik" der belesene Dräger 1957 hochwillkommen war. Sehr deutlich treten danach bestimmte Comics, v.a. Disney und Piccolos, als Motivlieferanten in den Hintergrund bzw. sind für die Bildästhetik des „Mosaik" nicht mehr so dominant wie in den ersten beiden Jahrgängen.
Gerade künstlerische Ursprünge des „Mosaik" und seiner Helden werden bis heute durch eine Reihe von Legenden verklärend verschleiert.
Eine der bislang nicht diskutierten Quellen des „Mosaik" waren beispielsweise Piccolos. Das waren schmale, querformatige, etwa 7,5cm x 17,5cm große Bildstreifenheftchen, die der Verleger Walter Lehning nach italienischem Vorbild in den fünfziger Jahren auf den deutschen Comic-Markt warf. Schlecht gezeichnet - die Graphiker standen unter immensen Druck wirtschaftswunderbesessener Verleger - versprach ein knallbuntes Titelbild der zumeist im Innenteil s/w- gehaltenen Hefte turbulente Abenteuer. Selbstverständlich nahm Hannes Hegen auch nicht sämtliche Hefte einer der im folgenden angesprochenen Serien zur Kenntnis. Auffälliges Indiz für die Nutzung durch „Mosaik" ist stets, wenn aus einer bestimmten Serie Motive aus dicht aufeinanderfolgenden Einzelnummern auftauchen. Vor allem wird aber, selbst wenn keine direkte Kenntnis des Comics bestand, die stilistische Anlehnung an die sich stets wiederholenden Spannungsmuster der für ein Massenpublikum produzierten Comics der Marktführer, v.a. Lehning, deutlich. Ein Beispiel: Eine erfolgreiche Serie der Fünfziger waren die von dem überaus produktiven Bob Heinz geschaffenen Abenteuer um Jan Maat, eine Art deutscher Popeye. In diesem Comic lassen sich eine Vielzahl von Gags, die alle in den ersten, noch keinem Serienschema verpflichteten, Abenteuern der Digedags auftauchen, finden. Diese Späße haben allerdings allesamt ihre Wurzeln im Zirkusmilieu, Slapstick-Komödien, der Zeitungskarikatur etc. Indem in den Heften 6 bis 12 die zwei von Dolle Weinkauff analysierten zwei archetypischen Pole der Literatur der Jahrhundertwende auftauchen, erweisen sich die Abenteuer der noch „jungen" Digedags als eine weitere der unzähligen Tarzan-Adaptionen: Die - danach - „Variationen des Abenteuers der Menschwerdung" bietet „Mosaik" ebenso wie „dämonischen Exotismus".
Dabei greift Hegen mit der Landung per Schiffbruch auf - vermeintlich einsamer - Insel in Heft 4 auf die Robinsonade zurück. Tarzan war durch die PR-Aktion des Mondial-Verlages 1953 und durch zahlreich auftauchende Epigonen - eher Plagiate - in aller Munde. Um so eher geriet der Barfußling in die Schusslinie ostdeutscher Jugendschützer. Und um so mutiger der Beschluss des Digedag-Schöpfers Hegen, in Heft 7 vom Februar 1957 die Comic-Helden nunmehr auf den Spuren Pedrazzas bzw. Wäschers Tarzan-Ersatz „Akim" wandeln zu lassen ...
Nachdem zwei Leoparden durch die titelgebende „Große Explosion" für immer aus ihren Träumen vom Knollennasenfrühstück gerissen wurden, meint Dig „[...] wir nehmen uns die Felle für neue Kleider!" Schon auf Seite 32 vermag man sie dann im neuen Outfit auf Wildschweinjagd zu beobachten. Wie Wäscher lässt Hegen seine Digedags auf der Rückseite von Heft 6 und in Heft 7 auf Zebras die Insel durchstreifen. Der Schnitt der Leopardenkleidung verweist allerdings auch auf einen anderen Helden der fünfziger und sechziger Jahre im westdeutschen Comic: Robinson.
Diese erfolgreiche westdeutsche Serie erschien zwischen 1953 und 1964. Von Willi Kohlhoff konzipiert und begonnen, wurde sie ab 1955 (!) von Helmut Nickel -übernommen und fortgeführt. Schon Heft l zeigt erstaunliche Parallelen zu den ersten „Mosaik"-Heften: Das Schiff Crusoes wird in ein Gefecht mit Freibeutern verwickelt. Das gleiche widerfährt den Digedags in Heft 4 „Dig, Dag und Digedag im Kampf gegen Piraten" vom September 1956. Bei „Robinson" sind die Bösewichter „türkische Korsaren" - der Einfachheit halber heißt der Segler der Seeräuber im „Mosaik" „Korsar". Übrigens ist im „Mosaik" die Schiffsbesatzung des niedlichen Seglers orientalischer Herkunft. Das Äußere der Kapitäne der Schiffe Robinsons und der Digedags, beide mit Dreispitz und Rauschebart, ähneln sich ebenso wie das unvermeidliche Kanonenduell. Allerdings hat Hegen wohl auch Wäschers „Schatzinsel"-Version „Gert" genau studiert. Ebenso wie Gerts Freund Peter sind die Digedags zunächst als blinde Passagiere an Bord des rettenden Seglers gelangt, bewähren sich aber genau so schnell. Gert-Heft 11 im April 1955 ist in dieser Serie „Windstärke 12" betitelt. Heft 2 des „Mosaik" vom Februar 1956 heißt bekanntlich: „Dig, Dag und Digedag bei Windstärke 12"!
Der Schiffskoch ist bei Hegen und Wäscher in - für einen Smutje doch ungewöhnlichen - gleichem Aufzug wie in einem 3-Sterne-Restaurant abgebildet; beide haben übrigens Glatze. Wird Gert bei Wäscher in „Windstärke 12" von dem Matrosen Steifen gerettet, so bewahren bei Hegen im fast gleichnamigen Abenteuer die Digedags den ihnen nicht gewogenen Bootsmann Babuk vor einem nassen Grab. Gert-Abenteuer 14 heißt „Hilfe! Es spukt!". Das tut es um Mitternacht auch im zweiten Digedag-Heft. Zeigt sich bei Hegen der Schiffskoch allerdings besonders abergläubisch, so heckt gerade der Smutje bei Wäscher einen - auf dem Aberglauben der Meuterer spekulierenden - Plan aus. Wie bei Prinz Eisenherz im Sinstarwald oder dem Kampf um die Kuckucksburg im „Mosaik" wird mit diesem auf Aberglauben der Negativhelden spekulierenden Spuk eine Bande wüster Gesellen außer Gefecht gesetzt Zurück zu Kohlhoffs Robinson-Version von Piraten und vergrabenen Schätzen: Als es zum Entern kommt, findet sich eine Szene, die 10 Jahre später im „Mosaik" wieder genutzt wird: Kohlhoffs Comic-Held Robinson hält nachdrängende Piraten mit einer eine Treppe herabpolternden Tonne auf, die sie überrollt. Als im Heft 121, der „Alte vom Berge" byzantinische Soldaten und kurdische Bauern das Raubnest der Assassinen stürmen, wiederholt sich die Szene auf Seite 20. Ebenso wie "Dig, Dag und Digedag im Kampf gegen Piraten", so der Titel von Heft 4 des „Mosaik", dem dritten Digedag-Abenteuer, gelangt Robinson bei Kohlhoff unbemerkt an Bord des feindlichen Schiffes.
Auf dem Piratenschiff gerät Robinson an einen hünenhaften Afrikaner Namens „Moros". In Heft 3 des „Mosaik", einem der beiden später zu analysierenden „Disney-Hefte" Hegens, sind die Moros eine Familie rüder schwarzer Wildschweine [...]. Inwieweit bei Kohlhoff - Jahrgang 1909 - oder dem 1925 geborenen Hegen Assoziationen zu den >Moros< genannten spanischen Fremdenlegionären marokkanischer Herkunft, die im spanischen Bürgerkrieg auf Francos Seite zum Einsatz kamen bzw. zu dem Wort „moros", also mürrisch, Assoziationen bestanden - wobei das Substantiv „Mohr" wohl näher liegt - ist unklar. Der Robinson des West-Comics überwindet seinen Gegner per Schulterwurf - ebenso wie Dag in Heft 7 auf Seite 7 einen aggressiven Affen. Ein ähnlicher Vorgang im vierten Robinson-Heft - der Held muss sich einer Horde Paviane erwehren, zeigt allein im Text schon den Unterschied zu „Mosaik": Kommen dort die wütenden Tiere mit einer Tracht Prügel und spöttischen Kommentaren ihrer Gegner davon, heißt es bei Kohlhoff: „Robinson, der nicht gewillt ist, sich durch einen Affen von seiner Wegrichtung abbringen zu lassen, stößt dem Affen den Kolben in die Schnauze. Dann packt er mit der linken Hand zu - und wirft das heftig zappelnde Tier kurzerhand über die Felsen hinab." Hannes Hegen ließ sich von Bildern anregen, allerdings ohne solch fragwürdigen Intentionen zu folgen.
Ein weiteres bezeichnendes Beispiel für die unterschiedlichen Herangehensweisen beider Serien findet sich im 15. Robinson-Abenteuer: Auf den Planken eines Wracks steht Kohlhoffs arischer Superman in einem Wrack einem Riesekraken gegenüber: „Seinen Ekel überwindend, packt er eines der auf ihn zudringenden Glieder [...] und trennt es im Sprunge glatt vom Rumpf. Danach setzt er alles auf eine Karte. Ein tigerhafter Sprung - und sein Stahl dringt dem Kraken tief zwischen die Augen". Mit Kraken haben es die Digedags gleich zweimal zu tun: In Heft 6 vom Januar 1957 hält ein solches Untier Dig mit seinen Tentakel im mörderischen Griff - zwei Jahre vorher war ähnliches in der Disney-Version von „20.000 Meilen unter dem Meer" im Kino zu bestaunen. Wo Kapitän Nemos Mannen und Comicheld Robinson zuhauen und -stechen, greifen die Digedags zur List. Mit Piratenrum wird Digs Peiniger betrunken gemacht und anschließend gefesselt. In Heft 137 „Das Wrack des Nearchos" im April 1967 will ein großer Tintenfisch im Persischen Golf Runkel den Zugang zu seinem Schatzschiff verwehren. Geht es schon etwas rabiater zu als 22 Jahre früher - das Tier bekommt einen Stein auf den Kopf- so fließt doch kein „Krakenblut". In Heft 140 schlägt der durch langjährigen Umgang mit den Digedags in Listen geschulte Rübensteiner den Kraken gar mit eigenen Waffen: Er hüllt ihn in blaue Farbwolken ein!
Übrigens musste sich Wäschers „Sigurd" bereits im April 1954 eines solchen „Würger des Meeres" erwehren, nachdem bereits Pedrazzas Akim einem solchen Untier, was dem „Mosaik"-Kraken sehr ähnelt, zu Leibe rückte. In Robinson Heft 18 stiftet Xury, Robinsons maurischer Gefährte, mit dem Ritt auf einem Busch-Schwein Panik im Dschungel. Im Juliheft 1957 macht Dig, vom Rücken des Löwen Nero feuernd, einem solchem Borstentier den Garaus. Der Wildschweinritt des sarottimohrenähnlichen Xury, klein, witzig und beturbant wie die Digedags in Heft l, muss die „Mosaik"-Macher, gerade den 1957 neu hinzugestoßenen Dräger, beeindruckt haben. In Heft 13 reitet Dig auf sechs Wildsauen „Römische Post", und als es schließlich galt, die Abrafaxe vorzustellen, zeigte man Abrax, Brabax und Califax auf der Rückseite von Heft 228 auf den Rucken von drei Keilern. Über das Titelblatt des vierten Abrafax-Abenteuers im April 1976 gallopiert der venezianische Söldner Graziarto im „Schweinsgalopp", desgleichen tut er neben Califax im Heft selbst, und die übermütigen Abrafaxe feiern im Folgeheft den Teilsieg im Kampf um den Dorfwald mit einem zünftigen Schweineritt.
In Robinson-Heft 18 reitet Xury 1955 auf einem neuseeländischen Kasuar. Das tut ihm Dig in „Mosaik" auf einem nordafrikanischen Strauß in Heft 25 vom Dezember 1958 gleich, und in Heft 132 fliehen die Digedags auf den gezähmten Laufvögeln gleicher Spezies „Soleiman" und "Salome" vor den Schergen des Scheichs von Basra!
Im ersten Robinson-Heft wird Xury mit den Pfeilen eines Stachelschweins gespickt. Schmerzen der gleichen Quelle muss Dag im Maiheft 1960 ertragen, und Ritter Runkel phantasiert in Nummer 94 von Stachelschweinen, die seinen Ahnherren während der Kreuzzüge belästigten. Eine häufig benutzte Vorlage bietet sich im gleichen von Kohlhoff gezeichneten Heft: Xury, der an einem Seil versucht, einen Bordwand zu erklimmen, wird fast von einem Hai geschnappt. Ähnliches passierte allerdings auch Wäschers „Gert" in dem Abenteuer „Hyänen des Meeres". Ein Hai greift, ebenfalls erfolglos und mit für ihn gleichfalls letalem Ausgang, in Heft 9 den Sohn Häuptling Arakulks an. Als Dig in „Tumult auf der Mirabella" im Juliheft 1965 versucht, ein Leck außenbords zu dichten, gerät er gar in den Rachen eines solchen Räubers. Nur seine Rüstung und Runkels Armbrust-Meisterschuß retten ihn. Dieses Ereignisses erinnern sich die Digedags und Runkel auch in der Nacht vor ihrer geplanten Hinrichtung in Heft 120. Inwieweit Einflüsse des sowohl von Wäscher als auch Hegen - Karl-May-Spezialist Dräger stieß erst später zum „Mosaik"-Team - Karl May mit seiner Novelle „Der Ehri" zu konstatieren wären, bleibt unbestimmt. Doch auch die Abrafaxe der Hefte nach 1990 bleiben vor dem Schrecken der Meere nicht verschont: In Heft 229 vom Januar 1995 „Mit Haien spielt man nicht" wird die Seherin Sibylla während einer Schiffstour von Delphi nach Olympia fast Opfer der räuberischen Fische, die anschließend das Schiff der Abrafaxe ziehen. Übrigens ein Rückgriff auf Heft 6 38 Jahre früher - da sogar im Titelbild verewigt: Auch da müssen Fische - allerdings Delphine - ein Wasserfahrzeug der „Mosaik"-Helden schleppen. Kurz vor Ende der Serie „Falk - Ritter ohne Furcht und Tadel" - nur zwei Jahre später erschießt Runkel einen Meeresräuber - kämpft der blonde Ritter auf der „Insel der Hoffnungslosen" 1963 gegen einen riesigen Hai. Wie unbestimmt ein direkter Schluss auf ein DDR-Comic-Zitat allein wegen dem Kampf des jeweiligen Helden mit einem Hai bleiben muss, zeigen die genannten Beispiele zur Genüge. Als letztes Beispiel mag das ebenfalls letzte Heft der von der 1955 ausgelaufenen Piccolo-Reihe „El Bravo" aufgeführt werden, in dem unter dem Titel „Haifische" der Titelheld ein solches Raubtier mit dem Dolche erlegt.

Stil und Inhalte der Frankobelgischen Ligne Claire in prägender Einflussnahme auf den DDR-Comic

Großen Einfluss auf Bild und Text des „Mosaik" hatten Produkte der Ligne Claire, wobei vor allem Herges „Tim und Struppi" sowie Willy Vandersteens „Suske und Wiske" hervorgehoben werden müssen.
Die cartoonhaft stilisierten Hauptfiguren - vor allem nach Nasenform und Haarfarbe unterscheidbar - agieren vor außergewöhnlich realistischen Hintergründen. Durch die einfachen "Masken" der Figuren tritt der Leser wie bei "Asterix", "Tim und Struppi" oder "Blake und Mortimer" in eine Welt sinnlicher Reize. Die Abenteuerwelten der Ligne Claire entsprachen auch eher Hegens und Drägers Vorstellungen spannender Comichandlung als das Psychogramm cholerischer Enten oder endlose Wiederholungen austauschbarer Heldengeschichten bei Hans-Rudi Wäscher. Exotische Schauplätze der frankobelgischen Comics wie Lateinamerika oder der Nahe Osten, die Suche nach Inkaschätzen oder der Kampf gegen Sklavenhändler erinnerten Texter Lothar Dräger stark an Karl May.
Mit den Abenteuern Tims waren die Schöpfer des „Mosaik" schon vor dem Erscheinen des jeweiligen Albums in Deutschland bei Casterman durch die zumindest sporadische Lektüre von Herges „Hauspostüle" „Tintin" sowie den ebenfalls früher erscheinenden Frankobelgischen Albeneditionen vertraut, die sie bis August 1961 ja noch relativ ungehindert beziehen konnten. So ist es auch zu erklären, dass viele Motive der Mond-Abenteuer Tims „Reiseziel Mond" und „Schritte auf dem Mond", die in Deutschland als Alben ja erst 1960 bzw. 1961, also 7 bzw. 5 Jahre nach der französischsprachigen Ausgabe auf den Markt kamen, sich in „Mosaik"-Heften des Jahrgangs 1958 wiederfinden. „The eagle has landed [...]" - als diese Worte am 20. Juli 1969 der Menschheit vor den Bildschirmen in aller Welt den bekannten „großen Schritt'4 ankündigten, hatten zwar die Digedags den Erdtrabanten schon wieder 11 Jahre verlassen, waren allerdings trotzdem nicht die ersten Comichelden auf dem Mond. Herge hatte am 6. April 1950 in Tintin die erste Folge der Weltraumreise seiner bekanntesten Schöpfungen vorgelegt. 1953 lag die Serie komplett vor. Herge und die von ihm begründete und maßgeblich geprägte Stilrichtung war neben Disney und Kauka auch ein Vorbild Hegens. Um so mehr mussten ihn die ihm aufgelegten Beschränkungen im Zusammenhang mit Papierexporten der DDR nach Belgien ärgern. In Vorbereitung der Runkel-Serie schrieb er in einem Brief an den FDJ-Zentralrat: „Mit dem jetzigen Aussehen der Hefte (des „Mosaik", T. Kramer) ist es völlig unmöglich, dass der ständig geforderte und so sehr angestrebte Höchststand erreicht werden kann. Ich schlage deshalb eine Vergrößerung der Bilderzeitschrift „Mosaik" auf das nächstgrößere Format vor. Außerdem wäre es sehr wichtig, den 24seitigen Innenteil eines vergrößerten „Mosaik" mit einem vierseitigen etwas stärkeren Umschlag zu versehen. Titel und Rückseite könnten dann als geschlossene künstlerische Einheit gestaltet werden. [...] Immer wird die Forderung erhoben, die Qualität aller Erzeugnisse zu steigern. Auf alle Fälle wäre es devisenrentabler, eine hervorragend gestaltete Bildergeschichte zu schaffen, als bestes Tiefdruckpapier als Rohmaterial für die französisch-belgische Bildergeschichte >Tintin< zu exportieren, die mit 400 000 Exemplaren pro Woche erscheint." Die ewige Jungenhaftigkeit und die kesse, als quasi Sterzäquivalent stets in die Luft ragende, rotblonden Haartolle Tims lassen in ihm einen der Comic-Paten der Digedags vermuten. Dient der Untertitel der ersten in Deutschland erscheinenden Herge-Alben lediglich zur äußerlichen Legitimierung der exotischen Reisen des Helden, der nie eine Redaktion von innen sah, so sind die Digedags mehrfach journalistisch tätig. Im Novemberheft 1963 sind sie nicht nur als „pfiffige" sondern auch als die „findigen Reporter" 1844 für die traditionsreiche „Vossische Zeitung" unterwegs. Höhepunkt ihrer diesbezüglichen journalistischen Karriere ist ihre Tätigkeit für das „New Orleans Magazine" im kritischen Geiste Mark Twains und Horace Greelys am Vorabend und in der Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges. Erste direkte Einflüsse der Handlung von „Tim und Struppi" bemerkt man im „Mosaik"-Heft 25 vom Dezember 1958.
Bereits die Rakete, die Digedags und ihren Begleiter, den Gelehrten Sinus Tangentus zum Mutterraumschiff RS-X-l transportiert, hat die Form der Tim und Struppi-Rakete X-FL R6. Fast direkt aus „Reiseziel Mond" scheint ein Panel übernommen, dass das in den Wettraum schießende Schiff der Digedags und ihres Entführers zeigt. Als enger Mitarbeiter bei der Planung des Fluges zum Mond von Tim und Struppi und Besatzungsmitglied erweist sich ein Ingenieur als Agent feindlicher Macht. Peer Tyla, in Wirklichkeit Agent des großneonischen Geheimdienstes, wird im „Mosaik" sogar Kommandant des modernsten Raumschiffes der Welt. Beide sollen die Rakete, oder zumindest deren Pläne, in die Hände ihrer Auftraggeber liefern. Die Bilder der Mondlandung der Raketen im DDR- und im Frankobelgischen Comic vor dem Hintergrund bizarrer Mondgebirge gleichen sich. Natürlich haben die Frankobelgischen als auch die DDR-Comic-Astronauten zunächst Mühe, sich an eine Verringerung ihres Gewichts um ein Sechstel auf der Mondoberfläche zu gewöhnen. Fingiert ein Agent bei „Tim und Struppi" Probleme mit seinem Sauerstoffventil, so bringt ein solcher Schaden den stellvertretenden Raumschiffkommandanten im „Mosaik" tatsächlich in Lebensgefahr. Die Schurken sowohl bei Herge als auch bei Hegen versuchen, den Aufenthalt auf dem Erdtrabanten zur Entführung des Schiffs zu nutzen, wobei sie die positiven Helden außenbords im Stich lassen wollen. Diese setzen sich währenddessen ahnungslos bei der Erkundung eines Mondkraters großen Gefahren aus. Allerdings werden die Bösen mit rigorosen Mitteln handgreiflich an der Realisierung ihrer düsteren Pläne gehindert.
Verhindert bei Herge der schließlich geläuterte Agent die Katastrophe, so überwältigt im „Mosaik" ein Besatzungsmitglied den seiner Meinung nach vom Raumkoller befallenen Agenten. Auch im weiteren nimmt die Neos-Serie Anleihen bei Herge. Das Professorenzwillingspaar Janus aus dem Tim-Album „König Ottokars Zepter" dient visuell und dramaturgisch als Vorbild für die gelehrten Brüder Professor und Doktor Schluck im DDR-Comic. „König Ottokars Zepter" war bereits 1953 als drittes Hardcover-Album der Reihe „Tim der pfiffige Reporter" bei Casterman in Deutschland erschienen. So konnten die ausgetauschten Professorenzwillinge Janus mit hoher Gelehrtenstirn und weißem Bart Pate für den Meereskundler Professor Schlick, besonders aber für die Akademiker Professor und Doktor - in Heft 45 wird schließlich der andere Zwilling auch berufen - Schluck im „Mosaik" stehen. Ihre Ähnlichkeit und damit verbundene Verwirrungen sorgen bei diversen Verwechslungen für Witz und Spannung. Überhaupt sind es vor allem bestimmte Hauptfiguren Herges, die Dräger faszinieren: Mit dem etwas matronenhaften Äußerem einer in die Jahre gekommenen Diva mit gewaltigen Resonanzboden, ihren die Umgebung oft nervenden Sangeskünste sowie energischem, furchtlosen Auftreten in kritischen Situationen ist die Opernsängerin Bianca Castafiore Vorbild für die ebenfalls etwas reifere, allerdings ehemalige Sängerin am Opernhaus von New Orleans, Victoria Jefferson, mit der sie sogar Frisur und Nasenform verbindet.
Es war wohl für Dräger ein besonderes Erlebnis, die Welt der ganz großen Oper, die ihm verschlossen blieb, in einer ihrer Repräsentantinnen nach dem belgischen Vorbild Jahre später persiflieren zu dürfen.
Doch auch andere Figuren stehen Pate für später auftretende „Mosaik"-Helden: Sowohl der whiskysenge Reisebegleiter Tims, Käpt'n Haddock, als auch dessen ebenfalls einem guten Tropfen zugetaner Comic-„Vetter" Kapitän Jonathan Joker haben mit diesen Künstlerinnen Probleme. Als Gattin seines Reeders ließ Joker einst Miss Jefferson an das Ruder des von ihm gelotsten Mississippi-Dampfers „Arkansas", welchen sie auf einen Snag laufen ließ, was Joker die Lizenz kostete. Diese alte Fehde lebt neu auf, als Joker sich unversehens in ein Schiffsrennen mit Victoria Jeffersons Neffen, Samuel Baxter, verwickelt sieht. Haddocks Abneigung eskaliert, als eine Illustrierte - Corruc-Parodie auf „Paris Match" - gar seine baldige Eheschließung mit der „italienischen Nachtigall" Castafiore ankündigt.
Eine Reihe von Bildzitaten aus der „Krabbe mit den goldenen Scheren" und „Der geheimnisvolle Stern" dienten augenscheinlich als Vorlagen für „Mosaik"-Darstellungen. Die Wüstenlandschaften aus Herges „Schwarzem Gold" finden sich in den Heften zur Schatzsuche Ritter Runkels in Kleinasien. Die ganzseitige Verfolgungsjagd durch einen Basar der marokkanischen Stadt Baggahr wiederholt sich in gleicher Perspektive in Ormuz in der „Mosaik"-Jagd nach den „falschen Perlen". Ebenso wie der Drogenboss Omar Salad in Marokko wird im „Mosaik" der Raubritter Kuck von Kuckucksberg durch einen sich durch einen Schuss - jeweils zeitgemäß aus Pistole bzw. Armbrust - außer Gefecht gesetzt. Mehrere Ideen verbinden den bereits 1954 in Deutschland erschienen Ligne Claire-Comic „Der geheimnisvolle Stern" mit „Mosaik". Tim erschrickt sich beim Blick durch ein Weltraumteleskop vor einem scheinbar außerirdischen Insekt, welches sich als gewöhnliche Spinne auf der Linse des Fernrohrs herausstellt. Im „Mosaik" wird Dig durch einen über das Okular gezogenen Faden, auf dem eine Mücke sitzt, in ähnlicher Weise genarrt. Tim betrachtete durch dieses Teleskop den auf die Erde zurasenden titelgebenden „geheimnisvollen Stern", der natürlich zu Ängsten vor einem Weltuntergang fuhrt. Die Digedags weilen 1682 in England, wo sie neben anderen Mitgliedern der Royal Society Halley kennenlernen, der für dieses Jahr den Durchlauf des nach ihm benannten Kometen berechnet hatte. Diese Voraussage löst in jener, Aberglauben und Mystizismus zugetanen Zeit noch viel größere Panik aus, als in dem Mitte des 20. Jahrhunderts spielenden belgischen Comic. In dem betreffenden „Mosaik"-Heft mit dem Titel „Die Angst vor dem Kometen" versuchen große und kleine Gauer aus diesen Weltuntergangsängsten Kapital zu schlagen. Die Negativcharaktere in beiden Comics entsprechen der Handlungszeit, wobei die des belgischen Comics mit seiner Entstehungszeh zusammenfällt: Bei „Tim und Struppi" will ein Bankier des Kometen wegen seiner wertvollen geologischen Konsistenz habhaft werden. Die später mehrfach bearbeitete Urfassung des „geheimnisvollen Sterns" erschien 1941/42 in der Jugendbeilage des ob seines Antisemitismus berüchtigten „Le Soir". 1947 erschien die Erzählung als Album bei Casterman in französisch, 1954 in Deutschland. Bis in aktuelle Ausgaben trägt das Bild des Auftraggebers der geplanten Entführung des Kometen Züge einer antisemitischen Karikatur, die den oft geäußerten Vorwurf diesbezüglicher Vorurteile bei Herge erhärten. Im „Mosaik" nimmt die Rolle des Finanzmagnaten ein gewöhnlicher Glücksritter defoescher Prägung ein, der die Angst Lord Plumfords vor dem Weltuntergang für einen Fischzug in die Schatzkammer von Plumford Castle zu nutzen versucht. Einem kleineren Fisch, der für Wucherpreise letzte Blicke auf den Halleyschen Kometen durch sein Fernrohr bietet, verliehen die „Mosaik"-Künstler Mimik und Gestik eines Wahnsinnigen, der in „Tim und Struppi" den Weltuntergang prophezeit. Der Witz mit durch das geöffnete Bullauge hereinschießende Meerwasser, was den Expeditionsleiter im Nachthemd erwischt, wird in Heft 88 des „Mosaik" an Major Treskow wiederholt.
Auch Herge-Mitarbeher Edgar P. Jacobs, wie Dräger ausgebildeter Opernsänger, steuerte aus seiner Serie „Die Abenteuer von Blake und Mortimer" Motive für „Mosaik" bei. 1978 erschien in Deutschland die zweiteilige Geschichte „Das Geheimnis der großen Pyramide". Im Augustheft 1983 „Der Fluch des Pharao" des „Mosaik" erinnert vieles an die Wiedergabe altägyptischer Grabkammem in diesem Werk der Ligne Claire.
In den Heften 206-299 des von Bastei zwischen 1958 und 1981 verlegten Magazins „Felix" wurde mit der Serie „Ulla und Peter", im Original „Suske et Wiske", Geschichten veröffentlicht, die großen Einfluß auf die Runkel-Serie des „Mosaik" hatten. Da nicht gesichert ist, ob sich die Künstler auf „Felix" oder das ab 1951 in „Tintin" erschienene Material stützten, wird im folgenden aus einer 1992 edierten Albumfassung mit Reprints der 8 für „Tintin" geschaffenen Strips zitiert. Bereits einer der Titelhelden, der Junge Suske, erinnert mit seinem runden, im Stil der Ligne Claire wie bei Tim auf das Notwendigste reduziertem Gesicht und der schwarzen Haartolle an Dig. Die Ligne Claire, und an sie angelehnt das „Mosaik", nutzt die maximale Stilisierung der Gesichter bei möglichst naturalistischer Gestaltung einer detailliert dargestellten Umwelt zum einen zur Erhöhung des Identifikationspotentials des Lesers mit dem Helden. In den mit wenigen Strichen gezeichneten cartoonhaften Gesichtern von Tim und Suske, den Digedags oder Abrafaxen, vermag sich fast jeder Leser wiederzuerkennen. Abschwächungen gegenüber frankobelgischen Comichelden gibt es im „Mosaik" durch die Triokonstallation.
Während die Digedags noch im Kollektiv auftreten, und ähnlich Tick, Trick und Track keine eigenständigen Charaktere verkörpern, werden Identifikationsmöglichkeiten der Leser durch die, mit der stärkeren Orientierung an „Asterix" verbundenen ausgeprägteren Individualität von Abrax, Brabax und Califax etwas zurückgenommen. Dem entspricht auch die Beschränkung der Übernahme von Motiven aus „Tim und Struppi" und „Suske und Wiske" auf die Digedag-Abenteuer. Die graphische Vereinfachung der Züge der Haupthelden, vor allem Tim, in den Produkten der Ligne Claire, findet sich im „Mosaik" vor allem bei den Digedags. In den ersten, noch von Hegen mit Unterstützung der beiden Farbgrafiker Arfert und Handschick noch selbstgeschaffenen Heften, stehen Figuren und deren Umwelt im gestalterischen Aufwand relativ gleichberechtigt nebeneinander. Hintergründe sind oft nur stilisiert angedeutet. Das ändert sich deutlich erkennbar mit der Herausbildung des „Mosaik-Kollektivs" im Laufe des Jahres 1958. Mit der stärkeren Konzentration auf Hintergründe war gleichzeitig eine noch stärkere Vereinfachung der Züge von Dig, Dag und Digedag, denen vor allem die Falten genommen wurden, verbunden. Das zweiseitige Panorama des Hafens von Ostia im Dezemberheft 1957 signalisierte erstmals die Hinwendung zum typischen „Mosaik"-Stil mit seiner detailverliebten Darstellung geschichtlicher, vor allem auch architektonischer Einzelheiten vergangener Epochen. Mit der im Mai 1964 einsetzenden Runkel-Serie, die auch dadurch zu einem der Höhepunkte im Schaffen der „Mosaik"-Künstler wurde, hatte dieser Stil seine endgültige Ausprägung erfahren. Einige Abenteuer des „Suske&Wiske"-Abenteuers „Der Tartarenhelm" von Willy Vandersteen zeigen interessante Bezüge zur Runkel-Serie des „Mosaik". Selbst wenn den Ostberliner Künstlern die in den Felix-Conrics des Bastei-Verlages 206-299 unter dem Titel „Ulla und Peter" erschiene Serie nicht direkt bekannt gewesen sein sollte, so sind doch die Verarbeitung gleicher historischer Vorlagen in einem Comic der Ligne Claire und im „Mosaik" vor allem durch Dräger, dessen Geschichtsbild die Vorlagen durchaus entsprachen, aufschlussreich. Allerdings sind Parallelen bis in Einzelheiten schon recht deutlich. Zu Beginn des Abenteuers werden Suske, Wiske und ihr erwachsener Begleiter Pankwitz hypnotisiert: „Suske, Wiske und Pankwitz können den hypnotischen Kräften der grünen Augen nicht widerstehen. Sie fallen in einen tiefen Schlaf. Und sogleich erscheint ihnen das mittelalterliche >Venedig des Nordens<. Die drei Freunde befinden sich im Brügge des 13. Jahrhunderts."
Ähnlich Märchenhaftes suggeriert die bereits an anderer Stelle zitierte Einführung in das 1284 in Venedig einsetzende Mittelalter-Abenteuer der Digedags. Pankwitz wird auf dem Weg von Brügge nach - und auch in Venedig direkt - ebenso wie Ritter Runkel von Rübenstein in eine Kette von Duellen mit dem gleichen Gegner, Kapitän Rabakol bzw. dem Cavalliere Carlo die Carotti, interessanterweise auch alliterierende Namen, verwickelt. Mit großem Geschick befördert Carotti das Schwert des Rübensteiners in einen Balken der Kassettendecke des Dogenpalastes, wo es steckenbleibt. Der ebenso mit der Waffe vertraute Pankwitz entwaffnet auf die gleiche Art - das Schwert bleibt allerdings in einer profanen Wirtshausdeckenbalken stecken - einen Gegner. Ein Bote des venezianischen Dogen wendet sich mit der dringlichen Bitte um Heimkehr an einen in Brügge logierenden venezianischen Kapitän: „Es wird Krieg zwischen Venedig und unserem Rivalen Genua ausbrechen. Überall sind Genuesen-Spione." Auch die Digedags und Runkel geraten direkt in die Konflikte der Stadtstaaten Venedig, Genua und Pisa. Mit genuesischen Spionen bekommen es die Digedags und Ritter Runkel schell zu tun. Nach Digs Entwurf wurde nämlich im Arsenal unter großer Geheimhaltung ein „BurgenschifT gebaut. Spione im Dienste Genuas sahen es als eine geniale Waffe, und entführen schließlich Runkel und die Digedags als scheinbare Waffenspezialisten nach Genua. Um eine Geheimwaffe geht es auch in dem Comic von Vandersteen. Der venezianische Kapitän ist inzwischen trotz mehrerer Attentate genuesischer Spione - die ihn ebenso wie die Digedags lebend fangen wollen - mit Unterstützung von Suske, Wiske und Pankwitz in Venedig eingetroffen. Hier versucht er zum Dogen vorzudringen, was seine Widersacher ebenso wie die Gegner Runkels und der Digedags bei ihrem zweiten Venedig-Aufenthalt verhindern wollen. Schließlich steht Kapitän Rabakol doch vor dem Dogen, der ihn zunächst in die außenpolitische Situation der Lagunenstadt einführt: „Genua beneidet uns um unseren Reichtum und unsere Seemacht. Diese Republik ist nicht zu unterschätzen." Im „Mosaik" richtet der Doge anlässlich seiner Antrittsrede ebenfalls besorgte Worte über „unsere gefährlichsten Rivalen, die Genuesen, [...]" an die Anwesenden. Der Doge bei „Suske und Wiske" erläutert den Grund der Mission, die den Kapitän ins Morgenland beordert: „1271 reiste unser Landsmann Marco Poto in den Orient. Ich erhielt eine Nachricht von ihm, dass er das unbekannte Gebiet Kublai-Khans erreicht hat, der fünf Tartarenkönigreiche regiert. Marco Polo bittet mich [...] ihm einen mutigen Mann zu schicken, da er eine Geheimwaffe entdeckt hat, die uns in jeder Schlacht zum Sieg verhelfen würde." Auf die Frage, wie Polo nach China gelangte, erklärt der Doge weiter: „1260 unternahmen sein Vater Nicolas und sein Onkel Matteo eine lange Reise. Bei Tanais [...] trafen sie die Tartaren der goldenen Horde, sie schlossen Freundschaft und begleiteten sie ins Reich des Khan. Sie erlebten wundersame Dinge. Nie zuvor hatte ein Europäer seinen Fuß ins Tartarenreich gesetzt. Sie kehrten zurück, brachen aber 1271 erneut auf, diesmal mit Marco Polo, der damals gerade 17 Jahre alt war." Im „Mosaik" richtet ein Angestellter des Poloschen Handelshauses eine Bitte an Dig, Dag und Ritter Runkel: „Da sie ohnehin in den Orient reisen wollten, bat er sie nach Spuren von Nicolo, Matteo und Marco Polo zu forschen, die vor dreizehn Jahren, Anno 1271, in das Reich des Großchans der Mongolen gereist waren und seither verschollen sind. Niemand weiß hier in Venedig, ob sie ihr fernes Ziel jemals erreicht haben. >Schon einmal<, erklärt der Verwalter, >waren Nicolo und dessen Bruder Matteo am Hofe Kublai Chans. So heißt der mächtige Herrscher des Mongolenreiches. 1269 kehrten sie nach Venedig zurück. Sie brachten viele seltsame Gegenstände als Geschenke mit, von denen ihr hier einige seht. Die Verlockung, mit diesem an kostbaren Stoffen, edlen Metallen, Diamanten, Perlen, Gewürzen reichen Lande Handelsverbindungen anzuknüpfen, war so groß, dass sich die beiden wieder auf den Weg machten. Nicolo nahm auch seinen Sohn Marco mit, der damals erst siebzehn Jahre alt war." Bei Vandersteen legt Polo seinem Brief eine Landkarte bei, die ebenso wie eine Karte des Mittelmerraumes im Dogenpalast in Venedig, ihr Vorbild in Edrisis Charta Rogeriana findet. Edrisi selbst wird im „Mosaik", wie bereits erwähnt, unter dem Namen Muley Ben Hassan vorgestellt. Ebenso wie die Mirabella im „Mosaik" hat das Schiff, das Suske, Witzke und Pankwitz in den Orient bringen soll, schwere Flaute. Ein geheimnisvoll als Erscheinung aus dem Nichts auftauchender Dalai Lama, prophezeit Wiske die Übergabe einer „alle Türen des Reiches" öffnende goldene Tafel mit dem Siegel Kublai-Khans. In „Mosaik" Nummer 141 weist sich Digedag mit einer „Goldplatte mit dem Geheimsiegel Kublai Chans" als „ganz hoher Würdenträger" des Mongolenherrschers aus, dem der Scheich von Ormuz alle Palasttüren zu öffnen hat. Eine unter Pfeilhagel eine Treppe stürmende Schar orientalischer Krieger erinnert an die byzantinischen Soldaten, die trotz Beschuss Alamut stürmen wollen. Die Reisenden im flämischen Comic geraten in die Gesellschaft von Tartaren, die Pankratz durch seine Kaltblütigkeit ebenso beeindruckt wie Runkel in ähnlicher Situation eine mongolische Streifschar. Der Abschied von Pankwitz treuem Kamel Jezabel - mit ähnlichen Fähigkeiten ausgestattet wie Runkels Pferd Türkenschreck - gestaltet sich ähnlich tränenreich wie die Verabschiedung von den Freunden der Digedags in Anatolien. Sogar die Szenerie ähnelt sich: „Die Dromedare winken den Freunden zum Abschied'', als diese vor orientalischer Kulisse auf einem Segler die offene See gewinnen. Ebenso winken die DDR-Comic-Helden Suleika, Janos und der Sultan den mit einer genuesischen Barke davon segelnden Digedags und Runkel nach. Als Suske und Wiske nach Venedig zurückgekehrt sind, um dem Dogen die Pläne der Geheimwaffe zu übergeben, geraten sie, ebenso wie Runkel und die Digedags bei ihrem zweiten Aufenthalt in der Lagunenstadt in eine gefährliche Verschwörung. Bei ihrer Ankunft erleben sie dort die traditionsreiche, dem Mai-Heft von 1965 den Titel gebende „Hochzeit mit dem Meer". Unter dem Titel „Die Vermählung des Dogen mit dem Meer" war 1955 im Lehning-Verlag Heft 5 der von Stefan Nawrot geschaffenen Comic-Serie „Der fliegende Holländer" erschienen. Dort wird die Zeremonie wie folgt beschrieben: „Von allen Seiten strömen Scharen von Gondeln mit fröhlichen Menschen zum Dogenpalast. Sammelpunkt des lebhaften Treibens ist der >Bucintoro<, das Staatsschiff Venedigs, das vor dem Dogenpalast vor Anker hegt. [...] >Sagt, Gondoliere, was bedeuten die vielen Menschen und der Lärm? < >Oh Signorina, ihr seid fremd und könnt es nicht wissen. Heute ist der schönste Tag Venedigs. Heute, am Himmelfahrstag, ist das Fest der >Vermählung des Dogen mit dem Meer< [...] Mit dem Dogen und den Edlen Venedigs an Bord, gleitet der >Bucintoro< aufs Meer hinaus, umschwärmt von ungezählten Gondeln und jubelnden Menschen. [...] Gebannt schauen alle auf den Dogen mit dem goldenen Ring in der Hand. Und nun schleudert er den Ring ins Meer, als Zeichen der Verbundenheit und Macht Venedigs mit dem Meer. Ein vieltausendstimmiger Ruf klingt auf: Es lebe Venedig, die Königin der Adria !". Zu ähnlichen Bildern wird im „Mosaik" erläutert: >Endlich wieder in Venedig!< Mit diesem Stoßseufzer gibt Ritter Runkel seiner Erleichterung Ausdruck, als er sich zusammen mit Dig und Dag in einem Fischerboot der Lagunenstadt nähert [...]Vor der Hafeneinfahrt nun geraten sie in ein Gewimmel prächtig geschmückter Boote. >Was mag das zu bedeuten haben?< fragen sie sich verwundet. Der Fischer steuert seinen Kahn durch das Gewühl, bis sie sich in unmittelbarer Nahe des Prunkschiffes des Dogen befinden, das den Mittelpunkt der festlichen Auffahrt bildet. Beide Comic-Darstellungen bezogen sich auf eine Quelle aus dem 18. Jahrhundert. Zwischen 1780 und 1790 malte Francesco Lourdi, für den die Prunkgaleere der Serenissima immer wiederkehrendes Motiv war, „Die Bucintoro auf dem Weg nach S. Nicolo di Lido".

Quellen

El Bravo. (Zeichner Bignotti). Hannover 1955

Dietrich GrünwaW, Wie Kinder Comics lesen. Frankfurt M. 1984

Harry. die bunte Jugendzeitung

Willi Kohlhoff, Robinson 1953 (Heft 1-3)

Gerd Lettkemann, Üben und Überleben in der Ulbricht-Ära. In: Digefax. 1/1993

Scott McCtoud, Comics richtig tesen. Hamburg 1994

MOSAIK VON HANNES Hegen (1955-1975)

mosaik(1976ff.)

Stefan Nawrot, Die Vermählung des Dogen mit dem Meer. Der fliegende Holländer. Nr. 5

Pedrazza. Der große Akira

Tintin - te crabe aux pinces d 'or. Tournai 1947

Tintin - l'etoüe mysterieuse. Paris/Toumai 1947

Tintin - le bijoux de la Castafiore. Paris/Tournai

Wflly Vandersteen, Der Tartarenhehn. Stuttgart 1992

Hansrudi Wäscher FALK.

Hansrudi Wäscher, AKIM. Neue Abenteuer

Hansrudi Wäscher Akim. Der Sohn des Dschungels

Hansrudi Wäscher, Sigurd

Hansrudi Wäscher, Gert. Die 24 Hefte der Serie erschienen im Lehning-Verlag von Februar bis

September 1955.

Dolle-Weinkauff, Bernd: Comics. Geschichte einer populären Literaturform in Deutschland

seit 1945. Weinheim/Basel 1990

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