Auszüge aus veröffentlichter Sekundärliteratur zum Mosaik von Hannes Hegen . Diese Zitate sollen die Diskussion der Heftbesprechungen im Digedags-Forum unterstützen. Der Text wurde Printmedien entnommen, Flüchtigkeits- und Übertragungsfehler bitte ich unkommentiert zu entschuldigen. Hier geht es zur Hauptseite: www.mosafilm.de
Zitat aus: Lettkemann, Interview mit L. Dräger, 35 Jahre Mosaik, 1990 Comic-Jahrbuch


Schon die vermeintlich harmlose Visualisierung des Adlers im alten Rom wurde also indirekt als Folge der damaligen Politik mit einem Tabu belegt,- eine Politik, die den Adler als Symbol des preußischen Militarismus und westdeutschen Revanchismus verdammte und damit übereifrige Zensoren zu groteske Assoziationen verleitete. Unglaublich! Ich vermute, Sie bemühten sich nach besten Kräften um Befreiung von solcher Bevormundung.
Ganz richtig. Den massivsten Forderungen konnten wir dadurch ausweichen, dass zu jener Zeit (mit dem Beginn der Weltraumserie im Dezember 1958) einem Teil unserer Auflage eine Beilage hinzugefügt wurde, welche zunächst unter dem Titel Klaus und Hein die Bestrebungen zweier Junger Pioniere schilderte, die verordneten Kampagnen der Pionierorganisation in die Tat umzusetzen. Der damalige Verlagsdirektor nannte es ein ideologisches Schwänzchen und meinte damit, dass er sehr wohl wisse, dass dies nur dazu diene, unsere immer noch vorhandene, wenn auch eingeschränkte Narrenfreiheit zu verteidigen.

Mit dem 1960 erfolgten Verlagswechsel wurde das Blatt in Steinchen an Steinchen umbenannt. Was bedeutete eigentlich dieser Wechsel?
Er hatte lediglich organisatorische Gründe. Im Rahmen der damals vorgenommenen Profilierung der Verlage erhielt der Verlag Neues Leben den Charakter eines reinen Buchverlages, weshalb Mosaik als nunmehriger Fremdkörper an die als Zeitungs- und Zeitschriftenverlag ausgewiesene Junge Welt abgetreten werden musste. Als in späteren Jahren im Verlag Junge Welt die Runkel-Sammelbände erschienen, protestierte der Kinderbuchverlag mit Erfolg gegen die Weiterführung dieser angeblichen Buchserie, da hierin eine Verletzung des Verlagsprofils erblickt wurde. Später wurde diese Beschränkung durch die Gründung einer eigenen Buchredaktion umgangen.

Daher also der damalige plötzliche Abbruch der Runkel-Sammelbände. Aber lassen Sie mich kurz noch einmal auf die Beilagen Steinchen an Steinchen zurückkommen, die ja nach knapp zweijähriger Laufzeit wieder eingestellt wurden. Das muß so im Herbst 1962 gewesen sein.
Ich glaube schon. Jedenfalls dienten sie dazu, den wissenschaftlichen Gehalt unserer damaligen Hefte zu untermauern.

Nicht nur. Ich kenne einige dieser Beilagen. Zunächst wurden auch weiterhin tagespolitische und den Aufbau des Sozialismus in der DDR betreffende Fragen thematisiert, mit denen Sie Ihren Gegnern sicher Wind aus den Segeln nehmen konnten.
Im Prinzip ja, doch sorgte ausgerechnet eine dieser Beilagen für grösste Aufregung. Zu einem unserer Hefte der Neos-Reihe, welches den Braunkohlentagebau zum Inhalt hatte (41: «Das Geheimlabor im Stollen Fünf», April 1960) fertigte der Kollege Reitzl in der erwähnten Beilage («Braunkohle - eine Quelle unseres Reichtums»), welche sich auf die Produktionsverhältnisse in der DDR bezog, eine Zeichnung, auf welcher mit Rohbraunkohle beladene Waggons zu sehen waren. In den ganz willkürlich sich kreuzenden Linien hatte ein mit unglaublicher Pedanterie ausgerüsteter Betrachter ein, wenn auch etwas deformiertes Hakenkreuz entdeckt. Kurze Zeit nach der Auffindung dieses sensationellen Details hatten wir die Staatssicherheit auf dem Halse. Der kreidebleiche Reitzl und der nicht minder verstörte Hegenbarth wurden intensiv verhört, das Haus Waldowallee vom Keller bis zum Dach nach weiterem Belastungsmaterial durchsucht. Ich hatte gerade Urlaub und traf erst einen Tag später auf ein noch völlig geschocktes Kollektiv. Die ganze unsinnige Geschichte verlief aber zum Glück spurlos im Sande.

Nichtsdestotrotz aber ein interessanter Beleg für den von allen Seiten auf Sie einwirkenden Druck Hier die übereifrige Staatssicherheit, dort Redakteure und Funktionäre. Haben Sie niemals diesen Frust durch bestimmte Handlungsmomente oder versteckte Anspielungen zu kompensieren versucht?
Doch, beispielsweise im Falle des römischen Erfinders Sinus Tangentus, welcher mit den Digedags auf den Neos verschlagen wurde, der Unglückliche. Aus dem fidelen alten Rom in die hochtechnisierte Welt eines fernen Planeten - grässlich. Zu allem Überfluss machten wir ihn dort dann noch zum Direktor eines sterbenslangweiligen Elektrizitätswerkes. Das erschien uns damals als der Inbegriff eines verordneten Exils. Zur gleichen Zeit waren nämlich in der Sowjetunion die Genossen Bulganin, Malenkow, Kaganowitsch und andere zu Direktoren von Kraftwerken und Zementfabriken im fernen Sibirien gemacht worden, nachdem man sie entmachtet hatte. Ob diese kleine und feinsinnige Anspielung bemerkt wurde, entzieht sich unserer Kenntnis (vgl. «Der Staudamm am Schwarzen Fluß», 30, Mai 1959 und «Ein rätselhafter Fund», 39, Feb. 1960).