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So manch kuriose Erfindung haben uns die Digedags vorgeführt oder selbst ausgebrütet. Heft 33, Geheimsache Digedanium, führt uns in ein neonisches Patentamt, in welchem allerlei skurrile Typen mit ihren Erfindungen warten. Dieser Beitrag erzählt interessante Geschichten von patentierten Erfindungen und dem Schicksal ihrer Schöpfer.
Zitat aus: Geniale und kuriose Erfindungen, Bibliothek erstaunlicher Fakten und Phänomene, Verlag Naumann & Göbel, S. 26-27


Das Patentamt

Patent(amt)geschichte(n): Alexander Graham Bell - Ferne Stimmen -

Der Klang menschlicher Stimmen prägte das Familienleben des jungen Alexander Graham Bell, der später das Telephon erfinden sollte. Sein Großvater war ein bekannter schottischer Hochschullehrer, sein Vater Linguist, der ein System von visible speech entwickelte, auf dem phonetische Alphabete und graphische Symbole für Gehörlose basieren.
Alexander Graham Bell (1847-1922)
Alexander Graham Bell
(1847-1922
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Zunächst träumte der junge Alexander von einer Karriere als Konzertpianist, doch mit 16 war er als Lehrer für Sprechtechnik und Musik tätig und nahm anschließend ein Studium auf, um seinen Vater bei der Perfektionierung der phonetischen Sprache zu unterstützen. Vielleicht war der Gehörschaden seiner Mutter Anlaß für sein Interesse an dem Problem der Gehörlosigkeit. Er führte Experimente durch, bei denen er mit Hilfe von visible speech gehörlosen Kindern das Sprechen beizubringen versuchte. 1870 wanderten die Bells nach Kanada aus. Alexander war inzwischen Lehrer für Gehörlose geworden und ging bald nach Boston, wo er 1872 eine Schule zur Ausbildung von Gehörlosenlehrern eröffnete und ein Jahr später an der neugegründeten Boston University Professor für Stimmphysiologie wurde.

In Boston wurde auch sein Interesse für die Telegraphie geweckt. Erste Experimente überzeugten ihn davon, daß das Instrument mehr Möglichkeiten in sich barg, als eine Meldung über einen Kabelstrang zu senden. Ihm schwebte die Entwicklung eines Geräts vor, das viele Meldungen gleichzeitig senden konnte, ähnlich einem Musikakkord, bei dem verschiedene Töne zusammenklingen. So begann Bell mit der Arbeit an seinem „harmonischen Telegraphen".
Zufälligerweise interessierte sich der Vater seiner gehörlosen Schülerin Mabel, der Finanzier Gardiner Hubbard, ebenfalls für Telegraphie. Mit Hubbards Unterstützung stand dem 27jährigen Erfinder bald ein Labor und ein Assistent namens Thomas Watson zur Verfügung.

1874 erkannte Bell, daß eine in einer bestimmten Tonhöhe schwingende Metallplatte die gleichen Schwingungen über einen Stromkreis auf eine andere Platte überträgt. Schallschwingungen ließen sich in einem elektrischen Strom in entsprechende Wellenbewegungen verwandeln und wieder in Schall zurückverwandeln. Seinen Durchbruch verdankte er einem Zufall: Bei seinem Mehrfach-Telegraphen verwendete er zur Erzeugung der Töne Metallrohre. Eines Tages zog sein Assistent ein Rohr beim Befestigen am elektrischen Kontakt zu stramm an und zupfte daran. Als Bell das Schwirren vernahm, rief er: „nichts verändern!"

Klick & Zoom: Das Telefon-Patent Nr. 174.465
Das Telefon-Patent
Nr. 174.465 vom 7.3.1876.
Das Grundpatent für das Telephon mit der amerikanischen Patentnummer 174.465 wurde Bell am 7. März 1876 zugeteilt. Drei Tage später führte er in seinem Bostoner Laboratorium das erste Telephonat mit seinem Assistenten im Nebenraum: „Mr. Watson, kommen Sie her. Ich möchte Sie sprechen." Anfang 1877 wurde ihm ein zweites Grundpatent erteilt, und am 9. Juli gründeten Bell, Hubbard und Thomas Sanders, der Vater eines ehemaligen Schülers, die Bell Telephone Company. Zwei Tage darauf heirateten Alexander und Mable.

Bells Patent von 1876 wird häufig als das wertvollste der Geschichte bezeichnet. Es waren jedoch Bells Partner, die der Bell Telephone Company zu durchschlagendem Erfolg verhalfen. Der Erfinder des Telephons übertrug den größten Teil seines Firmenanteils seiner Frau und zog sich 1881 aus dem Geschäft zurück.

Bell engagierte sich auf den unterschiedlichsten Gebieten. Er experimentierte mit bemannten Drachen, ersann 1880 ein „Photophon", das Sprache unter Verwendung eines Selen-Rezeptors durch einen langen Lichtstrahl übermittelte. Als sein Sohn im Säuglingsalter starb, entwickelte Bell eine Art eiserne Lunge, vacuum jacket (Unterdruckjacke) genannt. Als Präsident James Garfield 1881 erschossen wurde, erfand Bell eine elektrische Sonde, mit der sich tiefliegende Geschosse im Körper lokalisieren ließen. Garfield starb an seinen Verletzungen vor der Fertigstellung des Instruments; die Sonde war jedoch bis zur Entdeckung der Röntgenstrahlen an Krankenhäusern allgemein in Gebrauch. Bell befaßte sich sogar mit den elektrischen Aspekten außersinnlicher Wahrnehmung. So legte er sich und einem Assistenten Leitungsdraht um den Kopf, um zu sehen, ob Gedanken überspringen konnten. Um 1900 beschäftigte sich Bell mit dem Bau eines Tragflügelboots; 1919 stellte eines seiner Modelle mit 113 Stundenkilometern einen Weltrekord auf.

Unermüdlich versuchte Bell, anderen seine eigene Begeisterung für die Wissenschaft und Entdeckung zu vermitteln. Er finanzierte die amerikanische Wissenschaftszeitschrift Science und setzte sich für die Gründung der National Geographic Society und ihr monatlich erscheinendes Magazin ein, dessen erster Herausgeber eine von Bells Töchtern ehelichte.

Klick & Zoom: Alexander Graham Bell mit Helen Keller und Anne Sullivan
Alexander Graham Bell wurde zum Mentor vieler junger Gehörloser, unter ihnen auch Helen Keller (oben links), die hier mit Bell und der von ihm empfohlenen Lehrerin Anne Sullivan zu sehen ist.
Trotz seiner Leistungen für die Übermittlung der menschlichen Stimme über große Entfernungen hinweg war Bell sich der Menschen bewußt, die zu einem Leben in völliger Stille verdammt waren. Sein Schützling Helen Keller, seit einer Krankheit in der Kindheit taub und blind, stellte ihrer Autobiographie eine Widmung an den Lehrer der Gehörlosen voran: „Nichts macht ihn so glücklich, wie ein kleines taubes Kind in den Armen zu halten." Bell selbst gab als Beruf stets Gehörlosenlehrer an.

Handzeichnung von Alexander Graham Bell aus dem Jahr 1876.
Handzeichnung von Alexander Graham Bell aus dem Jahr 1876.
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