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So manch kuriose Erfindung haben uns die Digedags vorgeführt oder selbst ausgebrütet. Heft 33, Geheimsache Digedanium, führt uns in ein neonisches Patentamt, in welchem allerlei skurrile Typen mit ihren Erfindungen warten. Dieser Beitrag erzählt interessante Geschichten von patentierten Erfindungen und dem Schicksal ihrer Schöpfer.
Zitat aus: Geniale und kuriose Erfindungen, Bibliothek erstaunlicher Fakten und Phänomene, Verlag Naumann & Göbel, S. 68-69


Das Patentamt

Patent(amt)geschichte(n): Edwin Land - Sofort im Bilde -

1926 erholte sich der 17jährige Edwin Land auf einem nächtlichen Bummel durch die hellerleuchtete New Yorker Innenstadt von seinem Studium an der Harvard University. Als er den Broadway hinunterspazierte, war er von dem Lichtermeer der Neonleuchtreklamen, Kinotafeln und plötzlich aufblendenden Autoscheinwerfer überwältigt. Und im gleichen Augenblick sah er auch eine Möglichkeit, wie der grelle Schein auszuschalten sei.
Edwin Land betrachtet sich auf einem Polaroid
Lichtwellen schwingen normalerweise in mehreren verschiedenen Ebenen und erzeugen so das gestreute Licht, das das Auge als grell empfindet. Lands Idee basierte auf einer Methode, einen Filter zur Kanalisierung, das heißt Polarisierung, der Lichtwellen in eine einzige Schwingungsebene zu verwenden. Dieser Mechanismus war seit dem 17. Jahrhundert bekannt, aber Land war der erste, der daran dachte, polarisierende Kristalle in eine Plastikschicht einzubetten, aus der man Linsen herstellen konnte. Besessen von seiner Idee verließ Land Harvard und begann zu experimentieren, wobei er oft in einem Labor der Columbia University arbeitete, in das er nachts heimlich durch ein unverschlossenes Fenster einstieg. „Was man sich ausdenken kann, kann man auch tun", sagte Land später. 1928 hatte der junge Erfinder die Polarisationsscheiben, die ihm in jener Nacht auf dem Broadway eingefallen waren, entworfen, gebaut und patentieren lassen.
1932 kehrte er Harvard endgültig den Rücken und gründete erst die Land-Wheelwright Laboratories, dann die Polaroid Company. Als Präsident, Aufsichtsratsvorsitzender und auch Forschungsleiter von Polaroid hielt er sich an den strengen Grundsatz, kein Geld zu leihen und einen Großteil der Profite wieder in die Forschung zu stecken. Im Lauf der Zeit schien er ebenso strenge persönliche Grundsätze zu entwickeln, denn er lebte einsam und zurückgezogen, lehnte Interviews meistens ab und schrieb oder beantwortete niemals Briefe.
Die Automobilhersteller in Detroit übernahmen Lands Polaroidscheiben nicht für Autoscheinwerfer und Windschutzscheiben, wie er gehofft hatte. Aber seine Firma machte gute Geschäfte mit photographischen Lichtfiltern und Sonnenbrillen und schloß während des Zweiten Weltkriegs lukrative Verträge mit dem Militär ab. Doch im Laufe des Krieges, einer Zeit, in der es militärische Sonnenbrillen zuhauf gab, liefen Polaroids Verträge ab. Die Gesellschaft befand sich in finanziellen Schwierigkeiten, als 1943 ein weiterer Geistesblitz von Land die Rettung brachte.

Während eines Urlaubs in Santa Fe mit seiner Frau Terre und seiner dreijährigen Tochter Jennifer hatte Land auf einem Ausflug mit Jennifer Photos gemacht. Die Frage seiner Tochter, warum sie die Bilder nicht sofort sehen könne, wirkte auf Land wie ein Hebel, der die Türen aufwarf und ihm ein Gebiet der Wissenschaft enthüllte, das „im Konzept.. . voll ausgereift war". Land stürzte sich auf die Idee vom „Sofortbild"; wie er später erzählte, sei er sich innerhalb einer Stunde über die Kamera, den Film und die physikalische Chemie völlig im klaren gewesen.

1947 wurde aus dieser Vision praktische Wirklichkeit. In jenem Jahr kam die erste Polaroid-Land-Kamera, Modell 95 genannt, am Tag nach dem Erntedankfest im Bostoner Jordan-Marsh-Warenhaus zum Verkauf. Inklusive Film wog sie 2,5 Kilogramm und machte pro Filmpäckchen acht sepiafarbene Abzüge, wobei sie jedes Bild an Ort und Stelle innerhalb von 60 Sekunden entwickelte.

Die Sofortbildkamera war ein Erfolg, und 1958 machte die Polaroid Corporation Umsätze von 59 Millionen Dollar im Jahr. Als Land sich 1982 von Polaroid zurückzog, besaß er akademische Ehrengrade von mindestens 15 Universitäten und 533 Patente der Vereinigten Staaten.

Klick & Zoom: Polaroid-Land-Kamera, Modell 95
Polaroid-Land-Kamera
Modell 95
Mehr über Edwin Land und seine Polaroid: siehe Hintergrundthema zu Mosaik Nr. 28, Alarm in der Raumstation - (Geknipst und entwickelt in 60 Sekunden).
Weitere Internet-Links zum Thema: siehe hier!